Minecraft im Kunstunterricht

Autor*in
Stephan Schölzel

Minecraft hatte bereits vor seiner offiziellen Veröffentlichung im Herbst 2010 einen so großen Erfolg, wie man dies sonst nur bei großen Blockbuster kennt.

Es ist ein grafisch simpel gestaltetes Spiel in einer Welt aus Klötzchen. Das Besondere hierbei ist, dass man diese Klötzchen an der einen Stelle abbauen kann, um sie an einer anderen wieder aufzubauen. Dieses einfache Baukasten-Prinzip, das schon bei LEGO begeisterte, wurde im Spiel mit einigen Finessen, wie Handwerkssystemen, nachgerüstet und zieht so Tausende von Spielern jeglichen Alters in seinen Bann.

Ein weiterer Vorteil ist: Man muss selbst kein*e Expert*in sein, um Minecraft im Bildungskontext anwenden zu können. Oft bringen die Schüler*innen selbst das erforderliche Wissen mit, welches als Ressource genutzt werden kann.

Das einfache und sogleich fesselnde ‚Lego-Prinzip‘ in Verbindung mit den geringen Systemanforderungen und der kreativen Freiheit, die das Spiel zulässt, machen Minecraft zu einem exzellenten Mittel der praktischen Medienpädagogik, wie in der Methode „Mincraft als Werkzeug der Medienpädagogik“ hier schon dargelegt wurde.

Praktische Beispiele

Reduktion

Da Minecraft aus identischen Blöcken besteht, lassen sich zum Beispiel mit den farbigen Wollblöcken wunderbar zweidimensionale Bilder in Minecraft ’nachbauen‘. Ein Mondrian erfordert dabei erstaunlicherweise deutlich mehr ‚Fläche‘ bzw. Bildpunkte, um noch erkennbar zu sein, als ein Van Gogh. Dies bietet eine große Methodenvielfalt und Variationsmöglichkeiten.

Deutlich schwerer, aber auch spannender, wird es bei der Reduktion von Formen und Gestallten im dreidimensionalen Raum. Durch die recht ‚groben‘ Blöcke sind alle Werke innerhalb von Minecraft entweder sehr ’niedrig aufgelöst‘ oder werden unglaublich groß. Ein Block in Minecraft entspricht etwa 1×1 Meter. Ein Kreis wirkt also erst in enormen Größen rund. Wie hier mit einem Durchmesser von r=17, also 912 einzelnen Blöcken. Pragmatischer ist also der Kreis aus ’nur‘ 21 Blöcken. Dieser erfordert natürlich ein höheres Maß an Abstraktion.
Eine große Hilfestellung bei Kreisen oder Kurven können frei Verfügbare Tools wie der „Circle/Ovale Generator“ sein.

Minecraft und Architektur

Ein bei Schüler*innen sehr beliebtes Projekt ist der Bau von Gebäuden oder ganzen Stadtteilen in Minecraft. Dabei können Themen wie Stadtteilplanung, Lebensraumgestellung, Zukunftsplanung oder Architekturgeschichte aufgegriffen werden. Letztere hat, unterstützt von Minecraft, den großen Vorteil, dass sie ‚greifbar‘ gemacht wird. Verschiedenste Stilmittel und Formen sind in Minecraft nicht ’nur‘ Begriffe oder Konzepte, sondern können selbst eingesetzt, ausprobiert und anschaulich gemacht werden.


Ein exemplarischer Projektablauf zum Thema Architektur

Exkursions-Phase

Zeitliche Einordung, Gebäudetypen, Funktion:

Den ersten Eindruck festhalten: Was fällt auf? Welche Eigenschaften hat das Gebäude? Welche sich wiederholenden Stilmittel tauchen auf? Haben die besonderen Merkmale des Gebäudes einen funktionellen Grund? Welche Baustoffe werden verwendet? Was sind typische Baustoffe einer Zeit oder einer Stilrichtung? Wie fein oder grob ist die Fassade verziert?

Exkursions-Phase in der digitalen Welt von Minecraft

a) Ein historisches oder künstlerisch wertvolles Gebäude in Minecraft nachbauen. Je nach Größe der Gruppe und des Baukörpers als Einzel- oder Gruppenarbeit. Materialauswahl beachten. Vorlagen und Anleitungen im Netz finden.

b) Ein eigenes Gebäude bauen und dabei entweder versuchen, einen Baustil nachzuempfinden oder sich ganz frei selbst auszuprobieren.

Reflexions-Phase

Hier bietet sich der fachliche Einstieg in die Architektur an: Warum, wie und wann hat wer was gebaut? Bekannte Architekten, historisch und künstlerisch relevante Bauten.

Sehr schön, aber deutlich schwerer, ist es, sich mit Innenräumen und Licht zu beschäftigen. Ein schöner Versuch dafür ist das Projekt ‚Moderne Villa‘. Gerade die oft minimalistischen Ansätze der neueren Bauformen sind sehr schwer nachzuempfinden. Hier kann ein gewisser Respekt gegenüber moderner Architektur gewonnen werden, da insbesondere ‚minimalistisch saubere‘ Architektur oft, vom passiven Rezipienten als ‚einfach‘ empfunden wird.


Montagsmaler

Vom Aufbau her ist es identisch zum ‚Montagsmaler‘ Konzept, bei dem Begriffe, Redewendungen oder Konzepte mit Hilfe eines Bildes (bzw. einer Struktur in Minecraft) erklärt werden müssen. Als Spiel ist es zum Kennenlernen, zum Warmwerden mit der Software oder auch als Wettbewerb geeignet. Je nach Altersgruppe und Softwareverständnis kann der Schwierigkeitsgrad variiert werden. Das Projekt ist schon als „Bibcraft“ hier auf der Homepage veröffentlicht.


LEGO und Minecraft

Durch nahezu identische Mechaniken lassen sich LEGO und Minecraft exzellent miteinander verbinden. Die Grundidee ist dabei, dass vom einen ins andere Medium gewechselt werden kann. Ein Projekt mit „LEGO und Minecraft“ ist hier auf Digitale Spielewelten zu finden.


Titelbild: Minecraft, Mojang Studios 2011.


In Kooperation mit:
BDK – Fachverband für Kunstpädagogik, Landesverband Hessen

Creative Commons

Der/die Autor*in hat dieses Projekt unter einer Creative Commons Lizenz veröffentlich. Das bedeutet, dass Sie das Projekt mit wenigen Einschränkungen nutzen und ggf. weiterveröffenlichen dürfen.

Die Lizenzbedingungen, unter denen dieses Projekt und dessen Materialien genutzt werden dürfen, stehen online zur Einsicht bereit.

Hier geht es zu den Lizenz-Informationen.

Stephan Schölzel

Eigentlich wollte Stephan Schölzel Informatiker oder Grafiker werden, nach dem Zivildienst fand er sich allerdings im Studium der Sozialen Arbeit wieder. Dann lernte er das Feld der Medienpädagogik kennen und lernte, welche Potentiale in digitalen Spielen stecken können. Auch lernte er, dass es in diesem jungen Arbeitsfeld, das vor allem von “Risikoabwehr” dominiert wird, viele Chancen und viel zu machen gibt. Mit diesem Ziel im Kopf fand er seinen Weg zum “infocafe” der Stadt Neu-Isenburg. Eine der wenigen festen medienpädagogischen Einrichtungen mit einem Fokus in der Kinder- und Jugendarbeit. Seit 2010 arbeitet er dort sehr erfolgreich und befindet sich inzwischen in der Weiterbildung zum Master im Feld der Game Studies.

Kontakt: info@stschoelzel.de

Webseite: http://stschoelzel.de